4,0 de 5 estrellas
Der Altmeister der Obsessionen meldet sich kongenial zurück
Revisado en Alemania 🇩🇪 el 1 de julio de 2014
Wahrnehmung, Täuschung, Voyeurismus, verschachtelte Traumgebilde.
Der Spezialist für das Kino der manipulativen Sinnenreisen Brian de Palma lieferte uns seit den siebziger Jahren solche funkelnd, hypnothischen Filme wie "Schwestern des Bösen", "Schwarzer Engel" "Carrie", "Dressed to kill".
Aber auch im Actiongenre hinterließ er seine Handschrift ("Mission Impossible") und lieferte beeindruckende Gangster- ("Scarface", "Carlitos Way" )und Kriegsepen ("Die Verdammten des Krieges) ab.
Er gehört zu meinen persönlichen Lieblingsregisseuren, des weiteren ebenfalls Dario Argento, David Lynch, David Cronenberg . Allen genannten ist zu eigen, daß scheinbar, alle um die siebzig Jahre oder älter, ihre Kraft grosse aufregende Kinomagie zu erzeugen unaufhaltsam verlischt.
Cronenbergs Filme lassen sich da noch am besten an, Argento hat sich relativ ins Abseits katapultiert und Lynch inszeniert bekanntermaßen sowieso nur alle zehn Jahre einmal.
Sehr traurig ist es von diesen grossen aufrüttelnden Kinomeistern, die soviel Kino -Wunderkraft erzeugten langsam Abschied nehmen zu müssen.
So sei gleich gesagt: "Passion" das Alterswerk dePalmas ist nicht mehr mit der Intensität, dem fabulierfreudigen Hang zum Wahnsinn, mit der Anarchie seiner grossen Klassiker vergleichbar.
DePalma ist stiller geworden. Den grossen wilden auch blutigen Zeitlupen-Exzess gibt es nicht mehr bei ihm.
Minimalistisch reduziert, die Bilder selbsteferenziell, manchmal sogar an eine Soap Kulisse erinnernd- dies kann man "Passion" schon vorhalten.
Mag es an den immer dürftiger werdenden Produktionsmitteln liegen, mag es Absicht sein (was ich vermute) oder schlicht daran, daß jedes grosse Talent sich irgendwann auch einmal in sich selbst erschöpft.
Doch pointiert und auf den Punkt genau die Spannungsschraube anziehend, das versteht der Altmeister immer noch hervorragend. Übrigens auch wieder einmal mit Unterstützung seines Lieblings- Komponisten Pino Donnagio (der wiederum vielen als Filmmusik- Epigone Bernard Hermanns gilt)
Nichtsdestotrotz ist "Passion " eine wesentlich angenehmere Überraschung als ich es für möglich hielt.
Es ist eben voll und ganz ein "de Palma" Film, und mag er auch nicht mehr die ausufernd barocke, pittoreke Größe seiner Glanzzeit Ende der siebziger Anfang der achtziger erreichen, bietet er doch dem Fan seiner Werke genug schöne Selbstzitate, um den ein oder anderen, vielleicht auch wehmütig nostalgischen Schauer über den Rücken laufen zu lassen.
DePalma braucht sich nichts mehr zu beweisen, inszeniert einmal aufs neue und wesentlich besser als in dem Totalabsturz "Femme Fatale" sein ewiges berauschendes Spiel aus Täuschung, verzerrter Wirklichkeit und Begierde.
Eine Werbeagentur, selbst Synonym der Sinnestäuschung und Manipulation,ist Schauplatz der perfiden erst stutenbissigen dann zunehmend perfider, ja tödlich werdenden Intrigen und Anfeindungen zweier junger Frauen.
Das elegante blonde Gift Christine (Rachel MCAdams) ist die gnadenlose Ausbeuterin ihrer unscheinbar liebenswerten Angestellten Isabelle (Noomi Rapace). Beide arbeiten an einer erfolglosen Werbekampagne, doch plötzlich hat Isabelle des Nachts eine zündende Werbeclip -Idee.
Die Lorbeeren jedoch wird ihre kalkuliert boshafte Chefin einheimsen.
Der Frust über den Ideenklau kulminiert in einem immer hinterhältiger werdenden Psychoduell in dem bald alle moralische Schranken fallen. Besonders pikant, daß sich beide unwissend auch noch denselben Liebhaber teilen. Beide Protagonistinnen auch die zwei Hälften einer Medaille,? Gegensätze, die sich implizieren ?
Plötzlich wird Christine ermordet aufgefunden. Ein dePalma typischer Messermord, eine opernhaft mit Split -Screen inszenierte Tötungsszene, Masken, schwarze Handschuhe, Augenpaare in Grossaufnahme.
Nahezu psychotisch und auf dem genialen Höhepunkt des Films läßt dePalma drei Traumsequenzen ineinander fließen.
Die Illusion in der Illusion, was ist Schein was Wirklichkeit?
Erst auf den zweiten Blick wachen wir mit Isabelle in einer Gefängniszelle auf. Das Grauen des unschuldig (?) verurteiltseins. Fingerabdrücke, Polizeiverhöre. Ein blutiger Fetzen eines Schals, der sie als Mörderin überführt, eine ominöse Drohung auf ihrem Computer.
Was hat es auf sich mit einer toten Zwillingschwester, und wie weit sind es dunkle sexuelle Begierden, die hier ebenfalls den Strudel der Gewalt in Gang setzen.
Das letze Bild - eine Referenz an das Kino des Irrealen , das alles Gesehene ad absurdum führt oder wie in einer Zeitschleife neu verklausuliert !
Ist ( manche sehen das als Manko) das Setting fast wie in einer Soap steril durchgestylt und unbeweglich, die Figuen selbst wie schlafwandelnd in ihrer kalkulierenden Bösartigkeit, so wird sich mit zunehmend delirierender Zuspitzung die Inszenierung in schwarze gitterartige Schatten hüllen, in waberndes Neonlicht, in irritierende Kontraste, zwischen Traum und Realität.
Brian dePalmas Kameraarbeit ist wie immer phänomenal und mit einem durchaus willkommenen Déja- Vu Effekt.
Elegant, geschmeidig die Bewegungen, Bild- Rückfahrten, natürlich die Split- Screen Szene ebenfalls wunderschön komponiert.
Der vielfältige Voyeurismus, das Doppelgängermotiv, das metaphorische Aufladen von Gegenständen (das Tuch, die Maske, das Messer, die Sex- Spielzeuge) , das ewige Spiel mit der Fragilität der Wirklichkeit, das beherrscht DePalma bis zur Perfektion.
Nichts ist wie es scheint im labyrinthischen dePalma Universum.
Die Augen Isabelles in Großaufnahme -Gegenschnitt auf eine Opernaufführung, der sie zuschaut. Im abgeteilten Bildrand zu sehen wie sich Christine in ihrer Wohnung auszieht, schutzlos ahnungslos auf einen maskenhaften Mörder treffen wird.
In einem Bild Kunst und Wahnsinn im Totentanz vereint.
Doch täuscht uns dePalma. In der Auflösung werden sich Zeit, Ort und Wahrnehmung wieder ganz anders zusammensetzen.
So wie auch die Charaktere sich chamäleonhaft wandeln werden, Gut und Böse austauschbar sind in einer glitzernden Schattenwelt.
Ort der gleißend hellen Düsternis ist nicht ein New Yorker Büro, wie man vermuten könnte sondern eine Werbeagentur in Berlin.
Erstarrt die Menschen in Businessuniformen, auch erstarrt in extrem hohler Atmosphäre.
Die Räume für sich mit ihren Glasfassaden, mit den Kollegen, mit zum Selbstzweck verkommenen Büroritualen- eine leere Hülle in der erst die Saat des egomanischen Bösen gedeihen kann.
Um diesen Kosmos greller Aussenreize und innerlicher Verzweiflung abzubilden muß DePalma vielleicht sogar so steril, streckenweise emotionslos inszenieren. Bezeichnenderweise ist die Mordszene der phantasievollste Teil des ganzen Films.
Ein vergiftet hermetischer Kosmos aus reiner gleißender Oberfläche, der selbst nichts Menschliches mehr besitzt.
DePalma läßt sich und das rechne ich ihm hoch an, nicht von modernen Kinosperenzchen, schneller hektisch hipper Inszenierungstechnik beeinflussen, er erschafft konsequent die eigenen Panoramen und Themen, in der exzentrisch langsam schwebenden Wirkungskraft, die wir seit Jahren von ihm gewohnt sind.
Der schnelle Zeitgeist rauscht ohne Spuren zu hinterlassen an ihm vorüber.
Und passend dazu wirkt auch sämtliches modernes Handy-, Computer, Internet Zubehör bei dePalma irgendwie wie ein Fremdkörper.
Die stilvolle Langsamkeit mag für heutige Zuschauer den Film vielleicht langweilig erscheinen lassen, ich nenne es wohltuend, und für den dePalma Kenner ist die präzise durchkomponierte Eleganz ein Augenschmauß, denn er wird mit allen Taschenspielertricks des Regisseurs verwöhnt.
Sogartig, bedächtig, doppelbödig, verführerisch.
Vielleicht ist "Passion" ein schwacher Abglanz, vielleicht eine etwas wehmütig zitatenreiche Selbstbespiegelung aber mit sofort zu erkennender eigener Handschrift.
Welchen anderen Regisseur könnte man heute sonst noch nach bereits drei Minuten wiedererkennen.
Hitchcocks "Familengrab" kommt mir in den Sinn.
Inszenierte der Meister dort nicht auch noch einmal augenzwinkernd und für seine treuen Fans ein Kaleidoskop aller so lieb gewordener Ingredienzen ?!
DePalma galt einst als Hitchcock Epigone. In dem schillernden Vexierspiel "Passion" wir dePalma zum dePalma Epigone und wir folgen ihm und seinen Motiven auch dieses Mal und sind letztlich fasziniert.
Traum und Realität, Lüge und Doppelungen, Voyeurismus und Wahnsinn.
Wie sagte einst Hitchcock: "Ist es nicht entscheidend , daß es mit dem Leben zu tun hat ?!"
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